Was nicht vergessen werden darf!
Ein Zeitzeugengespräch mit Zipora Feiblowitsch
Es ist der 27.01.2021, der Holocaust Gedenktag. An diesem Tag vor 76 Jahren wurde das Konzentrationslager Auschwitz befreit. Anlässlich des Gedenktages findet ein Interview mit der jüdischen Holocaust-Überlebenden Zipora Feiblowitsch statt. Die 94jährige lebt heute in Israel. Sie ist im Jahr 1927 in Rumänien geboren und aufgewachsen. Heute erzählt sie uns in einer Video-Konferenz ihre Lebensgeschichte.
Es ist 12:30 Uhr, das Gespräch beginnt. Frau Feiblowitsch ist via Zoom in einer Live-Konferenz zu sehen, an der Berliner Schüler/innen und Lehrer/innen teilnehmen. Das Gespräch wird von einem Mitarbeiter des „Cafe Kiez“ in Köpenick geführt. Ein Dolmetscher ist auch dabei, da Frau Feiblowitsch zwar deutsch spricht, es aber nicht ihre Muttersprache ist und ihr manchmal Worte fehlen.
Sie erzählt, dass sie gemeinsam mit zwei Geschwistern in Rumänien aufgewachsen ist. Die Familie hörte damals oft von den Verbrechen der Nationalsozialisten in Deutschland und Polen, aber sie wollten es nicht recht glauben. Ganz sicher fühlten sie sich dennoch nicht: „Wir warteten immer, dass es auch uns trifft“. Als Zipora Feiblowitsch 16 Jahre alt war, wurde sie gemeinsam mit ihrer Familie in ein Ghetto gebracht. Nach sechs Wochen im Ghetto zwang die Gestapo die Familie wieder in einen Zug: 100 Leute in einem Wagon dicht aneinandergedrängt. Tag und Nacht fuhr der Zug. Alle hatten Angst. Keiner wusste, wohin sie fahren. Als sich die Türen des Zugs öffneten, befanden sie sich im Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau. Die Kinder wurden von ihren Eltern getrennt. Den Häftlingen wurden alle Sachen weggenommen. Im Lager bekamen sie kaum zu essen. Es waren schreckliche Zustände. Heute sagt sie: „Meine Eltern sind dort vergast worden.“ Zipora Feiblowitsch und ihre Schwester wurden schließlich mit vielen anderen Insassen in ein Lager nach Salzwedel transportiert. Dort musste sie in einer Munitionsfabrik arbeiten. Als sie krank wurde und in die Krankenstation ging, fiel sie mit ihrer selbstbewussten Art einem Aufseher auf. Dieser half ihr und ließ ihr Medikamente geben, um sie zu heilen. Außerdem versteckte er sie, statt sie als Kranke ins Konzentrationslager zurückzuschicken, was den sicheren Tod bedeutet hätte. In Salzwedel wurde sie schließlich nach dem Krieg durch die Amerikaner befreit. Sie reiste mit ihrer Schwester zurück zum Haus der Familie in Rumänien, in der Hoffnung, dass die Eltern noch zurückkommen, leider vergeblich. Schließlich entschieden sich die beiden Schwestern dazu, ein neues Leben in Israel anzufangen. Während der Reise dorthin lernte Zipora Feiblowitsch ihren zukünftigen Ehemann kennen. Sie gründen eine Familie und bekamen 3 Kinder. Auch heute lebt sie noch in Israel.
Frau Feiblowitsch erzählt, sie sei dem Tod entkommen, weil sie überleben wollte. Sie hatte immer die Hoffnung, eines Tages dem Grauen zu entkommen und diese habe sie bekräftigt, nicht aufzugeben. Trotz dieser grausamen Erlebnisse erzählt sie jedes Jahr auf verschiedenen Veranstaltungen ihre Lebensgeschichte. Dazu ist sie mehrmals in Deutschland gewesen. „Ich habe Auschwitz mitgemacht und war da. Ich möchte, dass so etwas nie wieder vorkommt.“ sagt sie zum Abschluss. Deshalb spricht sie auch vor allem mit Jugendlichen über diese Zeit. Frau Feiblowitsch schrieb mehrere Bücher über ihr Leben z.B. das Buch „Der Tag war kein Tag, das Leben war kein Leben“ (2016). Im Anschluss gab es noch die Möglichkeit, Frau Feiblowitsch Fragen zu stellen, zum Beispiel wie ihre Kindheit verlief oder ob Sie heutzutage noch sehr oft an diese Zeit zurückdenkt. Insgesamt dauerte die Veranstaltung ca. 1,5 Stunden.
Ich fand das Gespräch sehr interessant, da es viel eindrucksvoller ist, wenn einem ein Zeitzeuge über diese Zeit berichten kann, als wenn man die Informationen nur im Unterricht und aus Büchern bekommt. Es war eine sehr wertvolle Erfahrung und ich finde, dass man sich auf diese Art am besten mit dem Thema auseinandersetzen kann. Außerdem gibt es nicht mehr viele Zeitzeugen. Deswegen war diese Video-Konferenz auf jeden Fall eine sehr besondere Erfahrung.
Anton Lorenz Böhm (Klasse 9b)